Der Gesetzgeber hat für Kartellgeschädigte Beweiserleichterungen geschaffen. Haben Wettbewerbsbehörden ermittelt, dass ein rechtswidriges Kartell vorlag, sind Gerichte, die über Schadensersatzansprüche entscheiden, an die Feststellungen der Behörden gebunden.
Das Kartellrecht ist stark europarechtlich geprägt. Der europäische Einfluss hat sich gerade im Verbraucherrecht sehr positiv ausgewirkt. Das gilt im Bezug auf die Geschädigten eines Kartells auch für Unternehmer und damit aktuell ebenfalls für die Geschädigten des LKW-Kartells.
Alle, die bereits ein zivilrechtliches Verfahren führen mussten, wissen, dass manchmal eine Schwierigkeit bei der Beweisbarkeit liegt. Das macht den Unterschied aus zwischen Recht haben und Recht bekommen. In einem Zivilverfahren muss jede Partei dasjenige beweisen, was für sie günstig ist.
In manchen Fällen ist das nicht ohne weiteres möglich. So konnte ein Geschädigter etwa bei einem Kartell dem schädigenden Unternehmen bislang nicht „in die Karten schauen“ und so wertvolle und vor allem notwendige Erkenntnisse erlangen.
Diese Problematik hat man auf europäischer Ebene erkannt und eine verbindliche Richtlinie geschaffen. Die Richtlinie müssen die jeweiligen nationalen Gesetzgeber bis Ende Dezember umsetzen. Darin ist nun ein gesetzlich verankertes Auskunftsrecht vorgesehen. Das erleichtert die Erkenntnisgewinnung deutlich.
Außerdem wurden sogenannte gesetzliche Vermutungen eingeführt. Das bedeutet, es wird von gesetzeswegen vermutet, dass etwas wahr ist und die gegnerische Partei muss diese Vermutung widerlegen. Im Kern heißt das: die Beweislast wird umgekehrt. Nunmehr muss das Mitglied eines Kartells beweisen, dass etwas nicht zutrifft, was der Kläger behauptet.
Im Einzelfall ist damit bewiesen, dass dem Kläger ein Schaden entstanden ist, bis das Mitglied des Kartells das Gegenteil bewiesen hat.
Besonders günstig ist, dass diese Regel, auch wenn sie in Deutschland erst noch umgesetzt werden muss, dennoch bereits für aktuelle Streitigkeiten angewendet wird. Alle Geschädigten des LKW-Kartells fallen demnach unter die neue Gesetzesregelung.
Allerdings gibt es derzeit einen faden Beigeschmack: Für Kronzeugen und für Beteiligte eines Vergleichs, soll nach den bisherigen Überlegungen, diese Gesetzesänderung noch nicht gelten. Daher betrifft die beschriebene erleichterte Beweisregelung derzeit vor allem Kunden des Herstellers Scania, der den Vergleich mit der EU-Kommission abgelehnt hat. Das ist insofern überraschend, als ein Vergleich somit zulasten Dritter, nämlich der Geschädigten geht. Es ist unklar, ob hier von der Legislative noch nachgebessert wird.
Auch außergerichtlich eröffnet die anstehende Gesetzesänderung Kartellgeschädigten ein zusätzliches Druckmittel, um eine Einigung herbeizuführen. Die Bußgelder der EU-Kommission haben bereits Rekordniveau erreicht und zusätzlich noch zivilrechtliche Verfahren zu verlieren, dürfte daher eher nicht im wirtschaftlichen Interesse der Mitglieder des Kartells liegen.
Weil es Ihnen zusteht
Die KWAG Rechtsanwälte stehen Ihnen zur Seite
Wir arbeiten von zwei Standorten in Norddeutschland aus. Das Recht unserer Mandanten erstreiten wir erfolgreich bundesweit.
Weiterführende Links zum Thema:
Jan-Henning Ahrens
Jan-Henning Ahrens
Jan-Henning Ahrens
Jan-Henning Ahrens