Wirecard und Ernst & Young – Welche Schuld tragen die Wirtschaftsprüfer? 

von  Jan-Henning Ahrens

wirecard ernst & young

Die KWAG Rechtsanwälte sind bekannt aus

Erst im März 2022 wurde die Musterklage gegen Ernst & Young zugelassen. Damit wird einheitlich geklärt, ob die verantwortlichen Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young aufgrund von Pflichtverletzungen haftbar gemacht werden können. 

Für Anleger bietet sich so die Chance, kostengünstig eine Wirecard-Klage einzureichen und, je nach Ausgang des Musterklageverfahrens, Schadensersatz geltend zu machen. 

Wenn Sie überlegen, eine Klage gegen Ernst & Young einzureichen, sollten Sie die Rolle der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im größten Finanzskandal der deutschen Geschichte verstehen. 

Wir beleuchten die Rolle von EY im Detail und fassen die aktuellen Informationen zusammen.

1. Die Tätigkeitsfelder von Ernst & Young 

EY ist ein weltweit agierendes Netzwerk von rechtlich unabhängigen und selbstständigen Unternehmen und vor allem in den Bereichen der Wirtschaftsprüfung, Unternehmensberatung sowie der Steuer- und Rechtsberatung tätig. Die Gründung reicht auf das Jahr 1849 zurück, als die Ursprungsgesellschaft unter dem Namen Harding & Pullein in England ins Leben gerufen wurde.

Heute befindet sich der Hauptsitz von EY in London, insgesamt ist die Organisation in über 150 Ländern an mehr als 700 Standorten vertreten. Weltweit zählt EY zu den vier umsatzstärksten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und ist somit ein Teil der sogenannten Big Four.

Das Dienstleistungsangebot von EY ist breit gefächert und umfasst neben nationaler und internationaler Steuerberatung (Tax) auch Managementberatungstätigkeiten, Strategie- und Transaktionsberatungen und Beratungen im Bereich des nationalen und internationalen Wirtschaftsrechts. Als Kunden führt EY hauptsächlich Konzerne, Finanzinvestoren und mittelständische Unternehmen.

2. Die Rolle von EY im Wirecard Skandal

EY war als Wirtschaftsprüfer bei der Wirecard AG tätig. Allgemein gesehen umfasst die Wirtschaftsprüfung die Prüfung der Finanzberichterstattung, wozu vor allem bei mittelständischen und großen Kapitalgesellschaften die Jahresabschlussprüfung zählt. Geprüft wird sowohl die Buchhaltung als auch die Bilanzierung des Unternehmens.

Durch die Wirtschaftsprüfung soll sichergestellt werden, dass sich Investoren, Mitarbeiter oder Kreditgeber auf den Inhalt des Jahresabschlusses verlassen können.

Die Prüfung darf ausschließlich durch die WPO (Wirtschaftsprüferordnung) zugelassene vereidigte Buchprüfer oder Wirtschaftsprüfer und gegebenenfalls mit der Unterstützung von Assistenten durchgeführt werden.

Das Tätigkeitsfeld eines Wirtschaftsprüfers ist dabei sehr breit gefächert und in der Wirtschaftsprüferordnung (WPO) in §2 definiert. Hierzu zählen:

  • Durchführung betriebswirtschaftlicher Prüfungen inklusive Jahresabschlüsse
  • Erteilung von Bestätigungsvermerken hinsichtlich durchgeführter Prüfungen
  • Beratung und Vertretung der Auftraggeber in steuerlichen Angelegenheiten
  • Auftreten als Sachverständige unter Berufung auf den abgelegten Berufseid
  • Beratung in wirtschaftlichen Angelegenheiten
  • Treuhänderische Verwaltung

Im Wirecard-Skandal werden den Prüfern von EY schwere Versäumnisse bei der Jahresbilanz-Testaterstellung vorgeworfen. Die seit Jahren unstimmigen Bilanzen hätten mit wenigen

2.1. EY konnte als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft von Wirecard keine Fehler erkennen

Jahr für Jahr segneten die Prüfer von EY die Bilanzen von Wirecard ab. Und erkannten dabei angeblich keinerlei Fehler oder Unstimmigkeiten im Bericht.

 Wie interne Dokumente beweisen, ist der renommierte Wirtschaftsprüfer auf plumpe Fälschungen hereingefallen. Ein Beispiel dieser Fälschungen sind zwei manipulierte PDF-Dateien einer Saldenbestätigung, in die die Unterschrift und der Stempel nachträglich als Grafik eingefügt worden ist.

Selbst bei solch offensichtlichen Fälschungen, die mithilfe von wenigen Recherchen aufgedeckt werden hätten können, schritt EY nicht ein. Nach Aussage des Unternehmens lagen die besagten Dokumente des Mandanten nur als Papierdokument vor, aus denen die Manipulation nicht ersichtlich war. Das war jedoch nicht die einzige Auffälligkeit, welche übersehen wurde. Auch bei fehlenden Angaben auf weiteren Dokumenten oder falschen Datumsformaten wurde nichts unternommen, auch wenn es sich dabei um Transaktionen in Höhe mehrerer Millionen Euro handelte.

Laut Aussage von EY waren keine Unstimmigkeiten ersichtlich, alle Informationen, Daten und Analysen schienen korrekt. Die gesicherte Existenz der Wirecard-Firma wurde nicht angezweifelt.

Die zahlreichen geschädigten Anleger sehen dies jedoch in einem anderen Licht. Sie sind sicher, dass EY ihre Prüfungspflicht nicht erfüllt und ihre Pflichten verletzt haben. Aus diesem Grund wurden massenweise Klagen gegen EY beantragt.

2.2. Die besonders zweifelhafte Rolle der Rechtsberatung EY Law

Wirecard war unter anderem für einige große Firmenübernahmen bekannt. Dass es sich dabei teils um Briefkastenfirmen mit undurchsichtigen Wertsteigerungen und aufgeblähten Finanzen handelte, schien die Ernst & Young Law GmbH, kurz EY Law, nicht gestört zu haben. Die EY Law Rechtsanwälte setzten die Verträge für die Firmenübernahmen auf und überwachten die Abwicklungen.

Als eigenständige Kanzlei, gleichermaßen jedoch auch Teil der EY Organisation, wird dem Unternehmen ein Interessenkonflikt vorgeworfen. Sicherlich kein allzu fremder Gedanke, zumal die Rechtsanwälte von EY Law und die EY Wirtschaftsprüfer in ein und demselben Gebäude in München arbeiteten. Haben die Wirtschaftsprüfer deswegen nicht gründlich genug geprüft? EY selbst wirft die Unterstellung und Anzweiflung der Unabhängigkeit zurück.

Der Paragraf §319a Handelsgesetzbuch (HGB), welcher „Risiken für Interessenskonflikte“ mindern soll, sollte Aufschluss darüber geben, ob die Rechtsberatung durch EY Law zulässig war. Dieser Paragraf wurde jedoch ersatzlos gestrichen.

Wie hoch das Honorar war, welches Wirecard an EY Law bezahlte, bleibt ein Geheimnis. Im Gegensatz zum Honorar für die Wirtschaftsprüfungen müssen Honorare für selbstständige Unternehmen in Netzwerken der Wirtschaftsprüfer nicht aufgeführt werden.

3. Die wichtige Rolle des Wambach Geheimberichts

Im sogenannten „Wambach-Bericht“, welcher als geheim eingestufter Bericht gehandelt wird und lange unter Verschluss war, wirft Sonderermittler Martin Wambach den Wirtschaftsprüfern von EY schwere Versäumnisse vor, was die Testaterstellung der Wirecard Jahresbilanzen betrifft. Als Antwort auf den Bericht folgte eine Anzeige seitens der Wirtschaftsprüfer von EY gegen unbekannt.

Vor allem für kleinere Anleger könnte die Offenlegung des Berichts eine Wende bedeuten. Bisher hatten diese keine Möglichkeit, die vor Gericht benötigten Beweise vorzulegen. Mit den Informationen aus dem Wambach-Bericht könnte sich das ändern.  

Aktuell hat es die Kanzlei Wirsing Hass Zoller erfolgreich geschafft, alle Schadenersatzklagen, die gegen EY gerichtet wurden, abzuwehren. Auf der Gegenseite hat die Anlegerkanzlei Tilp im Juni 2020 ein Kapitalanleger-Musterverfahrens (KapMuG) initiiert. Je nach Ausgang könnten auch hiervon zahlreiche Kläger davon profitieren. Die Chancen, doch noch Erfolg zu haben, lässt hoffen.

4. Wirecard - Ernst Young: Bisher sind alle Klagen erfolglos

Der Verlust ist immens, doch noch immer ist unklar, ob die geschädigten Anleger zumindest einen Teil des verlorenen Geldes zurückzubekommen. Seitdem das Unheil im Sommer 2020 seinen Lauf nahm und die Wirecard Aktien unumkehrbar in den Keller stürzten, haben bereits über 40 000 Aktionäre Schadenersatzansprüche gestellt. Die Summen belaufen sich im Milliardenbereich. Hier stellt sich die Frage: Muss EY für diesen Schaden aufkommen? Viele der geschädigten Anleger klagen gegen EY, da die Wirtschaftsprüfer von EY den Betrug vorher hätte erkennen müssen.

4.1. Aber: Es gibt positive Signale aus München

Bis Ende 2023 besteht eine Chance, dass Anleger ihre Klagen gewinnen. Erst dann verjähren mögliche Ansprüche. Die Erfolgsaussichten sehen allerdings düster aus. Bisherige Klagen wurden allesamt zugunsten EY entschieden. Das liegt unter anderem daran, dass es Kläger sehr schwer haben. Sie müssen nachweisen, dass die involvierten Prüfer ihre Pflicht verletzten und zumindest bedingt vorsätzlich handelten. In diesem Fall müssten die Kläger EY nachweisen können, dass Jahresabschlüsse wissentlich falsch unterschrieben wurden.

Im Dezember gab es ein erstes positives Signal in Richtung Schadensersatzklagen gegen EY. Das OLG München hat die Urteile vorheriger Instanzen aufgehoben. Das Gericht ist der Auffassung, dass Wirecard wohl in die Insolvenz hätte gehen müssen, wenn Ernst & Young das Testat verweigert hätte. Die meisten Anleger hätten dann wohl nicht mehr investiert.

Basierend auf den bisherigen Ergebnissen, lässt die Lage keine andere Empfehlung zu, als auf eine Klage gegen Ernst & Young aktuell zu verzichten. 

Jan-Henning Ahrens

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Gründer der Kanzlei KWAG

EY könnte eine Mitschuld an dem Wirecard-Skandal und dem Verlust von hunderten Millionen der Anleger haben

Am 18. Juni 2020 fiel die Aktie von Wirecard aufgrund von Betrugsverdacht und weiterer Ungereimtheiten um über 70 Prozent. Der damalige CEO Markus Braun trat von seinem Posten zurück und wurde etwa einen Monat später wegen des Verdachts der Fälschung von Geschäftsbilanzen verhaftet. Ein spektakulärer Fall in der Welt der Wirtschaft.
Die Kritik richtet sich auch an EY und EY Law. Letztere waren als Rechtsanwälte für Wirecard tätig, EY selbst fungierte als Wirtschaftsprüfer. Zum einen wird beiden Parteien vorgeworfen, nicht über die nötige Unabhängigkeit zu verfügen, zum anderen hätten die Experten die Ungereimtheiten in den Bilanzen schon viel früher erkennen müssen. Aus diesem Grund teilen viele Anleger, die teilweise mehrere Millionen Euro verloren haben, den Standpunkt, EY sei schuldig und mitverantwortlich für den Wirecard-Skandal.

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